Prolog
"Aerys II., den sie den "Irren König" nannten, lag tot in seinem Blute, erschlagen von Jaime aus dem Hause Lannister. Auch Elia aus dem Hause Martell mit ihren Kindern fand unter großen Martern den Tod. Somit endete nach über dreihundertert Jahren die Herrschaft des Geschlechts der Targaryen vom Blut des alten Valyria. Es bestieg den Thron Robert aus dem Hause Baratheon, der nunmehr und bis zu seinem seligen Ende König der Andalen und der Ersten Menschen, Beschützer des Reiches und Herr über die Sieben Königslande sein soll. Mögen die Götter ihm Kraft und Weisheit erhalten."
Der Greis legt die Feder zur Seite. "Zeit, die Farben für die Miniatur anzumischen" murmelt er zu sich selbst. Obschon das Kerzenlicht schwach und seine Augen müde sind, will er seine Arbeit noch in dieser Nacht beenden. "Bruder Umbert?" Der alte Mann dreht sich erschrocken um. Er hat den anderen nicht kommen hören. "Bruder Umbert, es ist spät. Legt Euch zu Bett." Der Greis schüttelt den Kopf: "Ich bin alt, meine Kräfte schwinden. Jede wache Stunde gehört der Chronik." Er fasst den anderen am Arm: "Zweifelt Ihr noch immer, mein Junge?" "Wie?" Bruder Umbert sieht den jüngeren Mann durchdringend an: "Zweifelt Ihr noch immer an den Göttern? Jetzt, wo Ihr gesehen habt, wie sie große Könige in den Staub treten. Dass sie selbst einen Drachen wie eine Fliege unter ihren Händen zerquetschen? Ihr habt die Macht der Sieben erlebt, zweifelt nicht mehr." Der Angesprochene entwindet sich mit sanftem Druck der Hand des Greises: "Ich habe die Macht von Robert Baratheon gesehen, Bruder. Doch wenn es der Krieger war, der ihm seinen Arm lieh, warum hat sich dann die Mutter nicht schützend vor die Kinder gestellt? Ich kann nicht mehr glauben, nach allem, was ich gesehen habe."
Es ist spät in der Nacht, als Septon Umbert Geräusche von den Treppen der Großen Septe hört. Er braucht die Gestalt nicht klar zu erkennen, die sich in den dunklen Gassen von Königsmund davonmacht. "Wir werden wohl einen neuen Vorsänger für die Antiphonen benötigen" murmelt er seufzend.
Morgengrauen
Die Schreie des Mannes dringen durch den Lärm der Winden und Hämmer nur gedämpft an Leodast Stalwarts Ohr. Er lenkt sein Pferd durch die Rauchschwaden in die Richtung. "Was ist da los?" Karlwyn, der Verwalter der Minen, winkt einen der Vorarbeiter zu sich. "Ein Unfall, Mylord. Einer der Männer ist unter einem Karren eingeklemmt worden. Einer der...Gefangenen." Lord Stalwart hebt kurz den Kopf zum Himmel: "Ich habe ihn um Land gebeten...Land...und der König schickt mir...Sklaven" denkt er, nicht ohne Bitterkeit. Natürlich waren die Gefangenen keine Sklaven, wie man sie im Osten hielt. Es waren Gefolgsleute der Targaryen, kleine Leute freilich, keine hohen Herren. Robert Baratheon hatte ihm einige hundert aus seinen Kerkern geschickt. Eine Reaktion auf Stalwarts Klage, es fehle ihm durch den Krieg an Leuten, um seine Minen zu betreiben. Die meisten waren bei schlechter Gesundheit.
Leodast Stalwart wendet sich wieder an Karlwyn: "Ich habe einen Entschluss gefasst. Es ist nicht möglich, diese Leute gehen zu lassen. Aber ich will, dass sie wie die anderen Arbeiter bezahlt werden. Sie haben genug gebüßt." Karlwyn blickt seinen Herrn erschrocken an: "Mylord, bedenkt doch die Kosten...". Stalwart runzelt die Stirn: "Werden dann wieder genau so hoch sein wie vor dem Krieg. Ihr solltet wissen, dass ich bestens über sämtliche Kosten und Einkünfte im Bilde bin, Karlwyn. Und Ihr solltet ferner wissen, dass mir nichts mehr mißfällt als Diebstahl. Wer für mich arbeitet, wird auch bezahlt."
Lord Stalwart hat die Erzgruben längst verlassen, als sein Verwalter Karlwyn seinen neuen Gehilfen instruiert. "Die Rechnungsbücher für den letzten Monat müssen heute Mittag abgeschlossen sein und unverzüglich nach Badgerset Hall gebracht werden. Seine Lordschaft will sie heute noch prüfen." Der junge Schreiber, Aelthstan mit Namen, sieht Karlwyn fragend an: "Er prüft sie selbst?" "Natürlich. Die Erzgruben, die Eisenschmelzen, die Schmiedewerkstätten, seine Lordschaft führt alle Geschäfte selbst. Seit fünfundreißig Jahren, seit er Lord von Badgerset Hall ist. Und ebenso lange habe ich ihm noch nie fehlerhafte Rechnungsbücher geliefert. Also sieh zu, dass du keine Fehler machst. Ich werde es merken. Und wenn ich es nicht merke, dann Lord Stalwart." Aelthstan wirkt verdutzt: "Ich habe nie davon gehört, dass ein Lord sich mit Kaufmannsangelegenheiten belastet." Karlwyn lacht: "Belastet? Es ist sein Lebensinhalt. Durch seine Adern fließt geschmolzenes Erz und sein Herzschlag ist ein Schmiedehammer. Und wo andere Lords Geld verschwenden, verdient er welches. Ich weiß nicht genau, wie reich die Stalwarts sind, aber...." "Und obwohl er solch eine Kaufmannsseele besitzt, gibt es keinen Frondienst auf seinem Land und er bezahlt jeden für seine Arbeit?" wirft Aelthstan ein. "Jeden, ja. Seine Lordschaft hat einmal gesagt, eine geleistete Arbeit nicht zu bezahlen, nur weil man sie auch mit Gewalt einfordern könnte, sei in seinen Augen nichts anderes Plündern und Brandschatzen. Aber jetzt genug davon. Es gibt Arbeit zu tun. Und seine Lordschaft bezahlt uns nicht für's Plaudern."
"Aerys II., den sie den "Irren König" nannten, lag tot in seinem Blute, erschlagen von Jaime aus dem Hause Lannister. Auch Elia aus dem Hause Martell mit ihren Kindern fand unter großen Martern den Tod. Somit endete nach über dreihundertert Jahren die Herrschaft des Geschlechts der Targaryen vom Blut des alten Valyria. Es bestieg den Thron Robert aus dem Hause Baratheon, der nunmehr und bis zu seinem seligen Ende König der Andalen und der Ersten Menschen, Beschützer des Reiches und Herr über die Sieben Königslande sein soll. Mögen die Götter ihm Kraft und Weisheit erhalten."
Der Greis legt die Feder zur Seite. "Zeit, die Farben für die Miniatur anzumischen" murmelt er zu sich selbst. Obschon das Kerzenlicht schwach und seine Augen müde sind, will er seine Arbeit noch in dieser Nacht beenden. "Bruder Umbert?" Der alte Mann dreht sich erschrocken um. Er hat den anderen nicht kommen hören. "Bruder Umbert, es ist spät. Legt Euch zu Bett." Der Greis schüttelt den Kopf: "Ich bin alt, meine Kräfte schwinden. Jede wache Stunde gehört der Chronik." Er fasst den anderen am Arm: "Zweifelt Ihr noch immer, mein Junge?" "Wie?" Bruder Umbert sieht den jüngeren Mann durchdringend an: "Zweifelt Ihr noch immer an den Göttern? Jetzt, wo Ihr gesehen habt, wie sie große Könige in den Staub treten. Dass sie selbst einen Drachen wie eine Fliege unter ihren Händen zerquetschen? Ihr habt die Macht der Sieben erlebt, zweifelt nicht mehr." Der Angesprochene entwindet sich mit sanftem Druck der Hand des Greises: "Ich habe die Macht von Robert Baratheon gesehen, Bruder. Doch wenn es der Krieger war, der ihm seinen Arm lieh, warum hat sich dann die Mutter nicht schützend vor die Kinder gestellt? Ich kann nicht mehr glauben, nach allem, was ich gesehen habe."
Es ist spät in der Nacht, als Septon Umbert Geräusche von den Treppen der Großen Septe hört. Er braucht die Gestalt nicht klar zu erkennen, die sich in den dunklen Gassen von Königsmund davonmacht. "Wir werden wohl einen neuen Vorsänger für die Antiphonen benötigen" murmelt er seufzend.
Morgengrauen
Die Schreie des Mannes dringen durch den Lärm der Winden und Hämmer nur gedämpft an Leodast Stalwarts Ohr. Er lenkt sein Pferd durch die Rauchschwaden in die Richtung. "Was ist da los?" Karlwyn, der Verwalter der Minen, winkt einen der Vorarbeiter zu sich. "Ein Unfall, Mylord. Einer der Männer ist unter einem Karren eingeklemmt worden. Einer der...Gefangenen." Lord Stalwart hebt kurz den Kopf zum Himmel: "Ich habe ihn um Land gebeten...Land...und der König schickt mir...Sklaven" denkt er, nicht ohne Bitterkeit. Natürlich waren die Gefangenen keine Sklaven, wie man sie im Osten hielt. Es waren Gefolgsleute der Targaryen, kleine Leute freilich, keine hohen Herren. Robert Baratheon hatte ihm einige hundert aus seinen Kerkern geschickt. Eine Reaktion auf Stalwarts Klage, es fehle ihm durch den Krieg an Leuten, um seine Minen zu betreiben. Die meisten waren bei schlechter Gesundheit.
Leodast Stalwart wendet sich wieder an Karlwyn: "Ich habe einen Entschluss gefasst. Es ist nicht möglich, diese Leute gehen zu lassen. Aber ich will, dass sie wie die anderen Arbeiter bezahlt werden. Sie haben genug gebüßt." Karlwyn blickt seinen Herrn erschrocken an: "Mylord, bedenkt doch die Kosten...". Stalwart runzelt die Stirn: "Werden dann wieder genau so hoch sein wie vor dem Krieg. Ihr solltet wissen, dass ich bestens über sämtliche Kosten und Einkünfte im Bilde bin, Karlwyn. Und Ihr solltet ferner wissen, dass mir nichts mehr mißfällt als Diebstahl. Wer für mich arbeitet, wird auch bezahlt."
Lord Stalwart hat die Erzgruben längst verlassen, als sein Verwalter Karlwyn seinen neuen Gehilfen instruiert. "Die Rechnungsbücher für den letzten Monat müssen heute Mittag abgeschlossen sein und unverzüglich nach Badgerset Hall gebracht werden. Seine Lordschaft will sie heute noch prüfen." Der junge Schreiber, Aelthstan mit Namen, sieht Karlwyn fragend an: "Er prüft sie selbst?" "Natürlich. Die Erzgruben, die Eisenschmelzen, die Schmiedewerkstätten, seine Lordschaft führt alle Geschäfte selbst. Seit fünfundreißig Jahren, seit er Lord von Badgerset Hall ist. Und ebenso lange habe ich ihm noch nie fehlerhafte Rechnungsbücher geliefert. Also sieh zu, dass du keine Fehler machst. Ich werde es merken. Und wenn ich es nicht merke, dann Lord Stalwart." Aelthstan wirkt verdutzt: "Ich habe nie davon gehört, dass ein Lord sich mit Kaufmannsangelegenheiten belastet." Karlwyn lacht: "Belastet? Es ist sein Lebensinhalt. Durch seine Adern fließt geschmolzenes Erz und sein Herzschlag ist ein Schmiedehammer. Und wo andere Lords Geld verschwenden, verdient er welches. Ich weiß nicht genau, wie reich die Stalwarts sind, aber...." "Und obwohl er solch eine Kaufmannsseele besitzt, gibt es keinen Frondienst auf seinem Land und er bezahlt jeden für seine Arbeit?" wirft Aelthstan ein. "Jeden, ja. Seine Lordschaft hat einmal gesagt, eine geleistete Arbeit nicht zu bezahlen, nur weil man sie auch mit Gewalt einfordern könnte, sei in seinen Augen nichts anderes Plündern und Brandschatzen. Aber jetzt genug davon. Es gibt Arbeit zu tun. Und seine Lordschaft bezahlt uns nicht für's Plaudern."
"I swear, I will go to my grave thinking of my brother’s peach." (Stannis Baratheon)
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